Japan 25.5. - 4.6.2002
Ein Reisebericht
Das Naseputzen
Erste Eindrücke bieten sich bereits in Wien, wo wir in Richtung Osaka (Japan) abfliegen, denn hier sitzen mit uns in der Wartehalle fast ausschließlich Japaner.
Nervös stelle ich fest, dass der Reiseführer offensichtlich Recht hatte mit der Behauptung, dass das Naseputzen in Japan verpönt ist, das Hochziehen der Nase aber zum guten Ton gehört: die Japanerin vor mir schnauft und zieht die Nase immer wieder lautstark hoch. Ich muss mich schwer zurückhalten, um ihr kein Taschentuch anzubieten. Und auf einmal kribbelt meine Nase ganz schrecklich, und ich wünsche mir ein kräftiges und ausgiebiges Naseputzen... Es geht dann aber doch ohne.
Die EinheitsfrisurDafür fällt mir auf, dass die anwesenden Japanerinnen eigentlich alle die gleiche Frisur haben. Irgendwie. Also mit gewissen Variationen, aber im Prinzip gleich. Es fällt uns auch später immer wieder auf, im Flugzeug, im Flughafen, in der U-Bahn, auf Werbepostern: die Japanerinnen haben alle einen Grundschnitt: die oben liegenden Haare sind immer kürzer als die darunter, so dass das Haar am Kopf, wo es aus mehreren Lagen besteht, noch dicht ist, während es dann schon in Halshöhe meistens nur noch stripselige einzelne Haarsträhnen sind, die mit einer leichten Außenfönwelle abstehen. Die Variationen ergeben sich wie folgt: Pony oder rausgewachsener Pony, Haarklämmerchen oder nicht, Haarlänge von nackenlang bis schulterlang. Alle fünfhundert Japaner ist mal eine Frau mit leicht lockigen Haaren dabei, und manchmal findet man auch mal eine Blondierung. Wichtig ist immer, dass es aussieht, als wenn eine frühere Frisur seit drei Monaten herausgewachsen ist... Und so sieht es auch auf den Fotos in der Werbung aus. Es scheint also tatsächlich in zu sein.
Das Fotografieren
Im Flugzeug sitzen wir netterweise in einer Reihe mit nur zwei Sitzen und müssen uns auf dem Weg zum Klo an niemandem vorbei drücken. Die Japaner vor uns machen dem Ruf ihres Landes alle Ehre und filmen und fotografieren das Flugzeuginnere, um dann die Ergebnisse ihren Bekannten in der Reihe neben uns ungefähr stündlich zu demonstrieren. Dabei steht der Videofilmer leider immer vor dem etwas größeren Bildschirm, so dass man auf dem Kleinen „Harry Potter“ gucken muss. Niko macht auch ein paar Bilder, aber wir schämen uns wenigstens für das Blitzlicht...
Peinlich ist es eigentlich erst in Japan, wo wir tatsächlich als Touristen extrem auffallen – schließlich sehen wir (außer bei dem internationalen Kongress und im dafür empfohlenen Hotel) keine nicht-japanisch wirkenden Menschen. Hier fallen uns so viele uneuropäische Dinge auf, dass der Fotoapparat eigentlich dauerhaft im Einsatz ist. Besonders unangenehm ist das natürlich im Geschäft, wenn man sich vor die Regale stellt und die Auslage ablichtet. Aber wer würde uns in Deutschland sonst glauben, dass man hier rotierende Ohrenstäbchen kaufen kann?
Das BahnfahrenBahnfahren ist nicht gleich Bahnfahren in Osaka, denn es gibt so viele unterschiedliche Linien. Da sind die Monorail (den japanischen Ausdruck kann ich leider nicht), die JR-Line, die Rapids vom Flughafen aus und unzählige U- und S-Bahn-artige Gefährte. Die Stationsnamen stehen zumindest auf einigen Schildern auch in unserer Schreibweise dabei, so dass wir, nachdem wir „Banpaku-kinen-koen“, den Namen der Station am Hotel, auswändig gelernt haben, auch ermitteln können, in welche Richtung wir fahren müssen. Blöd nur, wenn man die Umsteigestationen nicht kennt. Nach der Ankunft am Flughafen, der leider nicht der Osaka-Airport war, sondern der außerhalb gelegene Kansai International Airport, müssen wir im Ticketbüro eine Viertelstunde lang den Schalter blockieren, um uns ein Vier-Tage-Ticket für die Zeit nach der Konferenz zu kaufen und dann auch noch herauszufinden, in welche Bahn wir steigen müssen, um der Banpaku-kinen-koen-Station etwas näher zu kommen. Uns wird ausgiebig in japanischem Englisch der Weg erklärt, mit dem Erfolg, dass wir anschließend lieber noch jemand anderen fragen. Immer der Reihe nach: erstmal zur Osaka station. Mit dem Rapid. Zum Glück haben wir für diese erste Fahrt schon mal Karten, denn die Fahrkartenautomaten sehen ziemlich japanisch aus...
Nach einer Stunde sind wir an der Osaka Station. Ab hier soll es mit der roten Midosuji-Line weitergehen. Nicht so leicht zu finden, denn die Osaka Station ist ein großer Bahnhof. Und alles ist voller japanischer Schriftzeichen. Und so langsam fragt man sich, ob man je ins Hotel kommt, dessen Namen der Mann am Ticketschalter gar nicht im Verzeichnis finden konnte...
Die rote Linie hat rote Hinweisschilder, und irgendwann finden wir sie doch noch. Aber welche Richtung ist angesagt? Eine freundliche Japanerin bleibt stehen, als wir fünf Minuten lang offensichtlich ratlos vor den Plänen und Ticketautomaten stehen. Aus irgendeinem Grund meint sie wohl, dass wir japanisch verstehen, denn sie spricht uns an, um uns wohl zu helfen. Als wir fragen, ob sie Englisch spricht, flüchtet sie lächelnd und kopfschüttelnd.
Dann kommt unser Retter: ein Bahnangestellter fragt uns „Can I help you?“ Wir zeigen ihm den Namen der Banpaku-kinen-koen-Station, den wir so kurz nach der Ankunft noch nicht fließend aussprechen, in Nikos Organizer. Er erklärt uns, dass wir erstmal nach Senri-Chuo müssen. Und dann erklärt er uns auch noch die Übersichtspläne der entsprechenden Linie und den Fahrkartenautomat. Wir kaufen zwei Karten und steigen in den Zug nach Senri-Chuo. Vorher schieben wir die Karten in den vorgesehenen Schlitz, um durch die Schranken zu kommen. Beim Aussteigen muss man sie leider wieder an einer Schranke in den Schlitz stecken, und danach kommt sie nicht wieder raus. Keine Andenken also, und vor allem: was setzt Niko auf die Spesenrechnung?
Der Zug ist an einer Station auf einmal leer, nur wir sitzen noch mit unserem schweren Gepäck. Ein Schaffner kommt aufgeregt in das Abteil und wedelt mit den Armen, bis auch wir verstanden haben, dass dieser Zug hier endet. Wir nehmen den nächsten und kommen tatsächlich nach Senri-Chuo.
Hier fährt die Monorail, und endlich finden wir auf dem Plan auch den Namen Banpaku-kinen-koen. Wir lösen souverän zwei Tickets und sind schrecklich erleichtert, als wir von dieser Station aus unser Hotel schon sehen können.
Schon am nächsten Tag macht das Bahnfahren fast schon Spaß, obwohl es in den ersten Stunden unseres Aufenthalts in Japan ein ewiges und unlösbares Rätsel zu sein schien.
Das Hotel
Wow, was für ein Anblick – die Eingangshalle besteht fast nur aus Marmor. Am Empfangstresen steht schon jemand bereit, der unseren müdenZum Glück sind im Bett nur ganz wenige.Das Laken sieht aber frisch gewaschen aus und riecht auch so, weshalb wir uns damit abfinden.
Schultern die schweren Koffer abnimmt und dann geduldig wartet, bis Niko dem Rezeptionisten erklärt hat, dass er jetzt entgegen der Reservierung doch noch sein girlfriend mitgebracht hat, dass wir aber trotzdem mit dem Einzelzimmer völlig versorgt sind. Der Mann versteht offensichtlich immer nur die Hälfte von dem, was wir erklären, aber er füllt die einzelnen Brocken offensichtlich mit viel Phantasie: zum Beispiel, indem er uns am zweiten Tag in unserer Abwesenheit noch ein zweites Bett ins Zimmer stellen lässt, obwohl wir ihm bestimmt achtmal gesagt haben, dass uns ein Meter zwanzig völlig reicht. Jetzt haben wir zwei Betten und gar keinen Platz mehr im Zimmer... Das Zimmer stellt einen recht krassen Gegensatz zum Foyer dar: es ist winzig, der Teppich ist von nicht mehr zu reinigenden Flecken durchsetzt, die Tapete ist vergilbt und hat Wasserflecken, das Bett hat eine Kopfseite mit einem Plastikbezug, der in der Mitte leider schon zerstört ist, und im Bad finden wir im Laufe des Tages mindestens zehn schwarze (was sonst) Haare. In der Dusche, an der Wand, im Waschbecken, am Duschvorhang, auf dem Klodeckel.
Im Schrank finden wir das hässlichste Paar Badelatschen, das die Welt je gesehen hat, und ich traue mich auch nicht, sie ohne Socken anzuprobieren. Aber auch mit Socken würde ich sie niemals tragen... (Die exakt gleichen Schlappen gibt es auch in anderen Hotels!!)Die Lage des Hotels ist nicht sonderlich reizvoll, sieht man von dem Vergnügungspark mit riesenlanger Achterbahn direkt nebenan mal ab, denn drumherum ist eigentlich nur eine Menge Straßen und Bahnstrecken. Kein Restaurant, keine Geschäfte, kein geschäftiges japanisches Leben – das Hotel liegt nämlich soweit außerhalb des Zentrums, dass es auf den Stadtplänen gar nicht mehr drauf ist.
Als Bademantel liegt etwas in der Schublade, was ich sonst als Kittel bezeichnet hätte. Passt sicherlich prima zu den Schlappen, aber wegen des schwarzen Haares darauf probieren wir es nicht an. Die technische Ausrüstung erinnert uns daran, dass das Hotel, welches direkt neben dem EXPO-Gelände von 1970 steht, wohl auch zu dieser Zeit gebaut wurde und damals sicherlich der letzte Schrei in Sachen Technik war. In den Schreibtisch, der neben dem Bett steht, ist ein Wecker eingelassen, und eine Blinkanzeige verrät dem Gast, ob an der Rezeption Nachrichten für ihn vorliegen. Es gibt eine Klimaanlage und eine Notbeleuchtung am Fuß des Schreibtisches (und zwar im Schreibtisch – das Licht kommt durch eine Öffnung, die vermuten lässt, dass dort unten Jerry von Tom und Jerry wohnt und gerade seine Wohnzimmerlampe eingeschaltet hat.
Das Beste ist die Toilette: Wenn man sich auf die Brille setzt (was ich nach gründlicher Reinigung derselben auch getan habe), beginnt das Wasser zu rauschen. Neben der Schüssel ist ein Bedienerfeld mit verschiedenen Knöpfen: Hier kann man sich nach dem kleinen Geschäft von vorn oder auch nach dem großen Geschäft von hinten mit einem Wasserstrahl besprühen lassen, dessen Intensität und Wasserwärme man noch wählen kann. Ich habe es natürlich direkt mal ausprobiert, ohne vorher groß gelesen zu haben, worum es geht, und nachdem ich überrascht von der Schüssel hochgesprungen war, wurde unser Badezimmer ziemlich nass... Ich musste mich schnell wieder setzen und den Wasserstrahl wohl oder übel mit dem Hintern abfangen, bis ich den „Stop“-Knopf gefunden hatte. Jedenfalls war das Bad danach auch mal wieder sauber. Nett ist, dass jeder Gast eine Reisezahnbürste, eine Plastik-Klapp-Haarbürste (für den perfekten Sitz der Einheitsfrisur) und einen Einmalrasierer bekommt – und wenn man das alles in die Reisetasche steckt, liegt die ganze Garnitur am nächsten Tag schon wieder da! Außerdem haben wir eine Maschine für heißes Wasser, Teetassen und natürlich grünen Tee im Zimmer. Und seit wir gestern den Schirmständer als Mülleimer benutzt haben, steht jetzt auch ein Mülleimer im Badezimmer.
Das Fernsehprogramm
Witzig – da schaltet man den Fernseher ein, und was sieht man? Düsseldorf! Eine japanische Reportage über die Stadt in good old Germany. Ein Kongressteilnehmer, der auch daher kommt, hat uns erklärt, dass das daran liegen könnte, dass sich in Düsseldorf die größte japanische Gemeinde Deutschlands (oder sogar Europas?) befindet.
Natürlich werden wir von unserer besten Seite gezeigt: erst mal Straßenschilder und gute deutsche Hochhausgemütlichkeit, dann eine Kneipe und laut und schief singende Männer. Zwischendurch noch ein Ausblick vom Fernsehturm: Regenwetter.
Tja. Deutschland muss für Japaner unglaublich verlockend sein...
In der Werbung sieht man junge, wahrscheinlich nach hiesigen Ansichten sehr hübsche Japanerinnen, die überhaupt nicht singen können, weil sie so fiepsige Stimmchen haben, die Produkte in die Kamera halten, dabei kokett ein Bein anwinkeln und – singen! Gut, dass wir es nicht verstehen, denn ich bin mir sicher, das die Texte ebenso dumm sind wie der Rest der Werbung. Viel davon ist aber auch Englisch, und dann gibt es noch die Zusammenschnitte: zum Beispiel bei irgendeiner Haartönung, wo ein wahrscheinlich amerikanisches Model für eine weizenblonde Farbe wirbt. Im nächsten Bild sieht man die Verpackung, wie sie in Japan im Handel ist: mit Japanerinnen, die die drei einzig möglichen Haartönungen für schwarzes bzw. dunkelbraunes Haar zeigen: blauschwarz, rotschwarz und braunschwarz. In der Drogerie finden wir dann übrigens noch HaarFARBEN: Hier hat auch die junge Japanerin etwas mehr Farbenvielfalt im Angebot, aber wer will schon lila Haare? Keiner. Deshalb ist auf sämtlichen Packungen auch immer das gleiche Bild der gleichen Frau, die wahrscheinlich ihr Leben lang schwarze Haare hatte – im PC mal in grün und mal in lila umgewandelt.
Einen Trost bietet das japanische Fernsehprogramm aber doch: Am Sonntag kommt, wenn auch zeitverzögert, die Übertragung des Formel-1-Rennens. Die Japaner kommentieren gebrüllt und gezetert, als wäre gerade Sato in Schumacher gefahren und hätte sich dabei um den sicheren Sieg gebracht...
Ach ja: in Japan kann man anscheinend die Formel-1 (und natürlich auch jede andere Sendung) so oft man will mit Werbung unterbrechen, und das wird auch ausgiebig getan. Mitten in den Kommentar hinein wird auf einmal eine singende Japanerin geblendet. Oder die Sponsoren der Übertragung zeigen ihre Logos, unter denen dann meist in englisch etwas steht. Witzig ist es, wenn dann ein Japaner vorliest, was da steht. Denn die Töne bringt man erst nach einiger Zeit mit dem in Verbindung, was man liest. Auch Japaner, die im Fernsehen englisch sprechen, sprechen also extrem schlechtes Englisch... Nach der Werbung, die aber immer nur sehr kurz ist, beginnt die Übertragung einfach wieder mitten im nächsten Satz oder Schrei des Kommentators.
Das Frühstück im HotelFür das Frühstück bekommt man gleich bei der Ankunft Marken, auf denen neben vielen japanischen Zeichen auch das vertraute „Breakfast“ steht und das Datum, an dem man frühstücken kann – in japanischer Schriftweise, also steht vorne der Monat und hinten der Tag. Beim Einchecken habe ich direkt angemeldet, dass ich gerne ein vegetarisches Frühstück hätte – normalerweise halte ich das beim Frühstück nie für nötig, da es schließlich immer etwas Vegetarisches gibt, aber da im Reiseführer stand, dass die Japaner zum Frühstück Fisch und Salat essen, war ich verunsichert. In der Tat stellte mein Sonderwunsch schon für den Herrn an der Rezeption ein großes Problem dar, aber letztendlich wurde auf meine Frühstückskärtchen doch noch überall ein Hinweis in japanischer Schrift eingefügt.
Am Montag, unserem ersten Frühstückstag (denn am Sonntagmorgen haben wir noch über China gefrühstückt), stellen wir beim Betreten des Restaurants fest, dass wir nicht einfach an einen der freien Tische gehen können. Eine Dame am Tresen begrüßt uns freundlich und bittet uns, erst einmal noch auf den Sesseln dem Tresen gegenüber Platz zu nehmen, bis etwas Passendes für uns frei wird. Da lernen wir den Düsseldorfer kennen, der dort schon sitzt und unsere Ankunft auf der Polstergarnitur mit den Worten kommentiert, dass hier eben nicht jeder einfach so machen kann, was er will. Tja, was fällt uns auch ein – einfach einen Tisch aussuchen zu wollen!! Unmöglich!
Nach einer gewissen Wartezeit werden wir dann an den Tisch der Wahl geführt, wo uns eine Kellnerin im adretten Hoteldress zwei Gläser mit Leitungswasser bringt und uns Karten vorlegt, auf denen wohl verschiedene Frühstücksangebote stehen. Vorher nimmt sie unsere Tickets an und würdigt die Aufschrift auf meinem nicht eines Blickes. Als ich sie darauf aufmerksam mache, wird sie schrecklich nervös. Das hat sie offensichtlich nicht im Repertoire, dass jemand vegetarisch essen will. Also wird schnell die Chefin gefragt.
Niko und ich konsultieren den Frühstücksplan. Da steht „Breakfast A“ und „Breakfast B“, und beide beginnen mit Ham and Bacon (ich dachte ja, das wäre ungefähr dasselbe...), gefolgt von Eiern in verschiedenen Ausführungen, Toast, Tee oder Kaffee, Saft und Salat oder Früchten.
Darunter stehen dann noch in – wie es uns scheint – zufälliger Anordnung Getränke, Fisch, Salat und andere Dinge, die ich unbedingt zum Frühstück essen will.
Niko wählt Breakfast A, woraufhin die Bedienung hilflos auf die unteren Worte und Zeichen deutet. Niko vermutet, dass hier bei einigen Dingen eine gewissen Wahlmöglichkeit besteht, und er bestellt sich Kaffee, Orangensaft und einen Salat.
Die Bedienung ist offensichtlich überfordert mit dem vegetarischen Frühstück, aber nach der Rücksprache mit ihrer Chefin bietet sie mir „Fruit“ an. Ich nicke und bestelle mir grünen Tee.
Die Getränke kommen fast sofort: Tee, Kaffee, ein Orangensaft. Hmm... Wieso kriegt nur Niko einen? Na gut, ich hatte nicht ausdrücklich einen bestellt. Wir können uns den auch teilen. Niko bekommt dann einen Salat. Ist zwar eine komische Art, ein Frühstück zu beginnen, aber was soll´s? Etwas später kriege ich ein paar Fruchtstückchen, Ananas, Melone, Orange und Grapefruit, liebevoll mit den abgeschnittenen Schalen dekoriert. Wir essen schnell, weil ja noch Toast und Ham und so erwartet werden, und weil der Bus zur Konferenz bald fährt. Nach dem Salat und den Früchten warten wir auf weitere Teller. Es werden Teller zu allen Tischen gebracht, und die Toastscheiben darauf sind doppelt so dick wie in Deutschland. Sieht sehr lecker aus, und Marmelade und Margarine stehen ja auch schon in kleinen Päckchen auf unserem Tisch.
Aber irgendwie werden alle bedient, nur wir nicht. Nach und nach dämmert uns, dass wir über 12000 Yen pro Person, also etwa 12 Euro, die in unserem Zimmerpreis für das Frühstück vorgesehen sind, für einen recht kleinen Salat bzw. eine Handvoll Fruchtstücke ausgegeben haben. Denn wir haben vergessen, ausdrücklich auch die Dinge zu bestellen, die im Breakfast A schon drin standen. Schade.
Morgen gehen wir dann aber noch mal frühstücken, und dann wird das Hotel so richtig geschröpft! Dann bestellen wir einfach alles, was wir auf der Karte finden (und was keinen Fisch enthält). Wir müssen wohl den Eindruck von uns korrigieren, den die japanischen Bedienungen sicherlich heute von uns bekommen haben: dass wir zum Frühstück nichts weiter wollen als ein paar Vitamine und ein Glas Leitungswasser...
TaxifahrenDa wir nach dem üppigen Frühstück natürlich den Transferbus zum Tagungsort verpasst haben (er fuhr uns direkt vor der Nase davon, auf der linken Straßenseite übrigens, weil in Japan Linksverkehr herrscht), mussten wir das Osaka University Convention Center wohl oder übel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln finden. Blöd nur, dass wir keine Adresse hatten. Und im Stadtplan findet sich nur das Osaka International Convention Center. Ob das dasselbe ist? Wir fahren also erst einmal mit der Monorail nach Senri-Chuo, wo es ja Anschlussverbindungen in das Zentrum gibt, wie wir schon wissen. Kann eigentlich nicht falsch sein. Im Zug überlegen wir hin und her. Das in der Karte eingezeichnete Convention Center liegt auf jeden Fall nicht in der Nähe einer Bahnlinie. Und die Universität, zu der es gehören sollte, liegt am anderen Ende der Stadt. Da man durchaus über eine Stunde lang durch die Stadt fahren kann, ohne sie ganz durchquert zu haben, und da der Transferbus angeblich nur zwanzig Minuten brauchen sollte, konnten wir uns nicht vorstellen, dass das der Tagungsort sein sollte. Aber wie kommen wir zu dem International Convention Center, sofern es denn das ist, was wir suchen? Eine Adresse haben wir ja nicht, denn in den ganzen Unterlagen steht nur die Telefonnummer und Adresse des Veranstalters. Also entscheiden wir uns für ein Taxi. Der Reiseführer hat schon angedeutet, dass Taxifahrer so wie der Durchschnittsjapaner eben kein Englisch sprechen, aber wir haben Glück: unser Fahrer behauptet zumindest, es zu verstehen. Wir überzeugen uns aber während der Fahrt so langsam davon, dass er eigentlich kaum was versteht. Wir zeigen ihm den Zettel mit den japanischen Schriftzeichen für „Osaka University Convention Center“ und bitten ihn, uns das auf unserem Stadtplan kurz zu zeigen. Sein Finger schwebt über der Karte und zeigt dann mal links unten, mal in der Mitte und mal an der rechten Seite auf irgendwas, um dann doch wieder weiter zu suchen. Der Taxifahrer redet zwar ununterbrochen, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass kein Wort davon Englisch ist. Trotzdem verstehen wir, dass er einen Kollegen fragen will. Er lässt uns also im Taxi zurück und rennt nach vorne zum nächsten Taxi, das gerade an einer Ampel steht. Ich versuche derweil, mich anzuschnallen, und ziehe den Gurt um mich. Leider finde ich an der üblichen Stelle nur Aussparungen, in denen komische Plastikteile stecken. Beim Versuch, hier den Gurt zu befestigen, bricht leider eins der Plastikteile heraus. Ich schiebe es schnell unter die Rücklehne und beschließe, so wie der Fahrer einfach unangeschnallt zu fahren.
Er kommt wieder und plappert auf uns ein, weiß offensichtlich irgendwas, kann uns aber trotzdem nicht auf der Karte zeigen, wo wir hinwollen. Er sucht wieder, findet aber nicht. Und sucht wieder an völlig verschiedenen Orten auf der Karte, als hätte er so gar keine Ahnung, nicht einmal von der groben Richtung. Das gibt uns zu denken. Trotzdem fährt er mit einer Affengeschwindigkeit los, und ich sehne mich jetzt doch nach einem Sicherheitsgurt. Beim Auffahren auf eine Schnellstraße hupt er einfach so lange, bis irgendwo Platz ist, und fährt mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Manchmal muss er bremsen, und das ist anscheinend mit der Hupe gekoppelt, denn der Grund für das Bremsmanöver wird immer angehupt.
Erstaunlicherweise kommen wir in kurzer Zeit und lebend an eine Einfahrt, wo uns zwei Uniformierte den Weg weisen. Und eine halbe Minute später (wir sind auf dem Uni-Campus) stehen wir vor dem Convention Center, an dem auch schon die große Ankündigung für die Konferenz hängt. Erstaunlich.
Der Taxifahrer versteht Nikos Wunsch nach einer Quittung nicht und weiß immer noch nicht, wo auf unserem Stadtplan wir jetzt sind, aber wir sind da, und das ist ja die Hauptsache.
Wir haben dann übrigens herausgefunden, dass dieses Unigelände nicht das am anderen Ende der Stadt ist, sondern ein zweites, ganz in der Nähe unseres Hotels. Wären wir mit der Monorail zwei Stationen in die andere Richtung gefahren, wären wir schon da gewesen.
Weil unser Hotel ja nicht auf dem Plan ist, ist das Convention Center auch nicht drauf...
Die öffentlichen Toiletten
Tja, auch das stand schon im Reiseführer: statt der bei uns üblichen Toiletten werde man eher auf ein Loch im Boden stoßen, wie man es auch aus Südeuropa kennt.
Das ist aber gar nicht immer so: es gibt auch öffentliche Toiletten mit einem Toilettensitz. Allerdings ist der dann wesentlich niedriger, und davor sind, genau wie bei den Bodenlöchern, die man dann meistens in den Nachbarkabinen findet, Trittstellen im Boden, die wohl für den Fall einer Überschwemmung etwas erhöht sind. Da man sich ja sowieso nicht draufsetzen will, ist die Höhe des Beckens nur verwunderlich, nicht störend. Weder im Hotel noch in öffentlichen Toiletten scheinen zudem Klobürsten üblich zu sein, und Toilettenpapier ist nicht perforiert, sondern zerfleddert beim Abreißen fast schon so wie daraufhin beim Benutzen.
Die Pissoirs im Männerklo sind wie die Kabinen für kleinere Personen ausgelegt: Ihre ungewohnte Form erlaubt das Einstrullen über die gesamte Höhe vom Boden bis etwa zur japanischen Gürtelschnalle - als Durchschnittseuropäer allerdings pinkelt man gegen den darüber befindlichen Sensor für die Wasserspülung, wenn man nicht aufpasst und nach unten zielt.
Lustige Dinge zum täglichen GebrauchAm Sonntag kann man durchaus noch einkaufen, denn es gibt viele Läden, die lange oder sogar 24 Stunden geöffnet haben. Wir sehen uns die Auslagen vor einem Bekleidungsgeschäft an, die meist wenig mit Bekleidung zu tun hatten.
Da gibt es die Tasche für das Bügeleisen, die man auseinander klappen und dann als winzige Bügelunterlage verwenden kann. Da sind die Socken, bei denen wie bei Handschuhen jeder Zeh seine eigene Nische hat. Da sind die schon erwähnten vibrierenden, rotierenden und dabei auf Wunsch noch leuchtenden Ohrenstäbchengeräte, mit denen die praktische Japanerin die Ohren (und Nasenlöcher!!!) ihrer Kinder sauber hält.
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Da sind die Schlappen, die von unten ein Wischmop sind, so dass man ganz praktisch durch die Wohnung schlendern und dabei das Parkett pflegen kann. Da sind Frotteestirnbänder (die 70er lassen grüßen!), die man auch als Halstücher tragen kann. Da sind faltbare Sonnenhüte und faltbare Hutschachteln.
Da gibt es als besonderes Schmankerl auch die Achselschweißauffänger, die man am BH befestigen und unsichtbar unter der Kleidung tragen kann.Da gibt es Duftkissen zum In-die-Schuhe-Stecken und beleuchtete Pinzetten, mit denen man sich die Haare auf den Fingern (!!!) auszupfen kann.Da sind ausklappbare Gummistiefel, deren Schaft nach dem Strohhalmprinzip zusammengeschoben oder auseinander gezogen werden kann, um Platz zu sparen. Da sind Haarbürsten, mit denen man welliges Haar glatt ziehen kann (aha! Die Ursache für die stripseligen Haare ist gefunden).
In den Geschäften findet man nicht nur gekühlte Getränke, sondern auch heiße Theken mit Kaffee in Dosen oder – natürlich – heißem grünen und schwarzem Tee. Es gibt immer Feuerwerkskörper zu kaufen, und in den Kühltheken liegen verschiedene abgepackte Sushi-Portionen, die man sich als Snack oder zum Mittagessen kauft. In den Regalen liegen getrocknete Fischchen neben Chips und Keksen. Und Video- und Audiokassetten kann man nicht nur in fast jeder Länge (57 min, 10 min, 47 min, 420 min), sondern auch in jeder Farbe kaufen. Besonders schön fanden wir rosa mit Kätzchen drauf.
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Naseputzen die Zweite
Nein, man darf es wirklich nicht in der Öffentlichkeit tun! Wenn man es doch tut, weil man befürchtet, sonst ein Tröpfchen an der Nase hängen zu haben, wird man erbost angesehen. Obwohl man sich natürlich ganz verschämt zum Putzen in eine Ecke gestellt hat, hinter den Rücken des Freundes... Trotzdem: der Blick, den mir die ältere Dame zugeworfen hat, war nicht ohne. Etwa so, wie eine ältere Dame in Deutschland einen ansehen würde, wenn man auf offener Straße die Nase lautstark hochzieht und dann das Resultat in hohem Bogen auf die Straße spuckt...
Komischerweise werden aber an allen größeren Straßen Taschentuchpäckchen verteilt! Nicht gerade Tempotücher, aber es sind eindeutig Papiertaschentücher. Der Zweck dieser Päckchen ist aber die Werbung, denn es stehen in grellen Farben Schriftzeichen und Bilder drauf. Offensichtlich kommt das besser an als ein schlichter Werbezettel.
Wofür die Japaner die Taschentücher nehmen?
Jedenfalls nicht zum Naseputzen. Aber zum Abwischen des Gesichts, wenn es verschwitzt ist. Noch besser ist aber die Verwendung als Toilettenpapier, denn in den öffentlichen Toiletten, jedenfalls in den nicht so schicken Exemplaren, gibt es nicht immer welches.
Öffentliche Toiletten die ZweiteAuch hier noch ein Nachttrag: es gibt für alles eine Steigerung! Sowohl im Guten als auch im Schlechten. Zuerst das schlechte Beispiel, eine öffentliche Toilette mitten im Zentrum von Osaka: der Geruch ist nicht anders als in öffentlichen Toiletten in Deutschland, von daher nicht überraschend. Statt der Toilettensitze findet man dann wie im Reiseführer beschrieben nur Löcher im Boden mit den Trittstellen davor. Papier? Wieso? Das wird doch überall verteilt!
Dafür gibt´s komfortable Aschenbecher in jeder Kabine und auch am Waschbecken: jemand hat sich die Mühe gemacht, alte Blechdosen vom Etikett zu befreien, und so kann man, während man gemütlich über der Pissrinne hockt und die Luft anhält, in aller Ruhe eine rauchen und dann in eine Dose abaschen. Würg...
Ach ja: am Waschbecken braucht man natürlich auch kein Papier, denn auch dafür werden ja die kleinen Werbepäckchen verteilt...
Das gute Beispiel: eine Toilette im Yodobashi-Einkaufszentrum, selbstverständlich kostenlos zu benutzen und natürlich picobello sauber. Hier gibt es die geilsten Toilettensitze, die sogar unser Hotelklo noch toppen: der Wasserstrahl wahlweise von vorn oder von hinten ist ja quasi schon obligatorisch, ebenso wie die freie Temperaturwahl für dieses Wasser. Aber hier gibt es zusätzlich noch eine beheizbare Klobrille (weil es ja auch immer so schrecklich kalt ist hier...) und für die verklemmteren Pinkler auch noch einen Knopf für „flushing sound“, der das eigene Geräusch sicher übertönt.
Die Handwaschbecken sind zwar nicht viel höher als meine Knie, aber dafür gibt es geile Handtrockner: man muss die Hände von oben hineinhalten, und dann kommt von zwei Seiten gleichzeitig richtig viel Luft – nicht so pillepalle wie bei uns, sondern richtig ordentlich. Da sind die Hände ratzfatz trocken. Natürlich aber auch nur, wenn man die Hände auf Kniehöhe bringt.
Auffällig bei allen Toiletten, auch im Hotel: der Wasserverbrauch ist enorm. Nicht nur, dass es zu plätschern beginnt, sobald man sich auf die Brille setzt – die Spülung läuft auch lang genug, um sich anschließend komplett geräuschuntermalt die Zähne zu putzen und sich anzuziehen. Wasser scheint hier nicht so viel zu kosten.
Der Yodobashi-MarktMedia-Markt ist nix dagegen! Der Yodobashi ist ein riesenhaftes Hochhaus mitten in Osaka, etwa an der Stelle, wo in Hannover der Kröpke ist, und auf drei Etagen gibt es alles, was das elektronisch interessierte Herz begehrt. Natürlich gibt es vor allem Fotoapparate, aus bisher ungeklärten Gründen sogar in zwei Etagen die gleiche riesige Auswahl. Die Waschmaschinen sehen alle etwas nach Spielzeug aus, und überhaupt kommt man sich manchmal vor wie im Barbie-Land, weil es alles, aber auch wirklich alles, in Rosa zu kaufen gibt. In den anderen fünf Etagen gibt es alles andere, was man braucht oder auch nicht, und darüber sind noch mehrere Parketagen.
Wir haben das große Glück, eine alte japanische Zeremonie zu erleben: den Schichtwechsel!
Um ein Uhr kommen wir in einen der vielen Bekleidungsbereiche, als eine Tür sich öffnet und etwa 10 junge Japaner und Japanerinnen herauskommen. Sie stellen sich wie für ein Foto auf, grinsen und fangen auf einmal alle an zu schreien! Wir gucken uns um, sehen aber keinen Fotografen. Und da rennen sie auch schon los, zwischen rosa Pullovern und pinkfarbenen Hosen hindurch, und verteilen sich in dem recht kleinen Bereich, in dem sie wohl arbeiten. Dabei müssen sie sich allerdings alle zwei Meter verbeugen, weil ihnen ihre Kollegen mit den gleichen Freudenschreien entgegenstürmen. Mitten im Lauf bleibt man zwei Meter vor dem anderen stehen und verbeugt sich, und wenn man zu weit gerannt ist, muss man erst noch ein Stückchen zurückhüpfen, um sich dann zu verbeugen. Wir beobachten fasziniert und können uns ein Grinsen nicht verkneifen, weil es einfach zu bescheuert aussieht, wie die Jungs und Mädels da durch die Gegend springen und sich offensichtlich gar nicht mehr einkriegen vor lauter Freude, a.) die Kollegen zu sehen, b.) endlich arbeiten zu dürfen oder c.) endlich Feierabend zu haben.
In einer Etage gehört alles zur lustigen Marke „Three minutes happiness“. Alles heißt in diesem Fall: Besteck, Tupperware, Schminke, Haarschmuck, Kleidung, Töpfe und Blumenerde, Schirme und andere Dinge, die auch nicht dazu passen. Niko kauft uns ein Plastikbesteckset, damit wir nicht weiterhin Suppe mit Stäbchen essen müssen. Alles hat glatte Preise, also 100 Yen, 200 Yen usw (entspricht etwa 1 bzw. 2 Euro), aber an der Kasse werden dann noch 5 % Steuer draufgerechnet, so dass man doch noch das Kleingeld anbricht.
Wir hatten eigentlich versprochen, Ilka ein paar tolle Schuhe aus Japan mitzubringen, aber daraus wird wohl nichts. Die Schuhe sind nämlich affenteuer, wie eigentlich alles in Japan. Aber interessant sind sie schon: die weißen Pumps zum Beispiel, mit den Lederrüschen vorne. Oder die rosa Adidasschuhe mit den pinkfarbenen Applikationen. Wir fassen zusammen: es muss eigentlich fast immer ein Pfennigabsatz sein, rosa ist klasse, Rüschen und Schleifchen sind der Hit. Ilka wird darauf verzichten müssen...
Der Unterwäschebereich ist natürlich auch interessant. Hier gibt es eigentlich alles, was es bei uns auch gibt, höchstens mit mehr Rosa. Der Unterschied: hier gibt es BHs und Slips nur in Kindergrößen. So sieht es jedenfalls aus, denn die Taillen der Schaufensterpuppen kann man mit zwei Händen umfassen. Wir stellen aber auch fest, dass es eigentlich kaum dicke Japaner gibt. Eigentlich sind da nur einige ältere Herrschaften, die einen leichten Bauch und etwas schwabbeligere Beine haben. Alle anderen sind nicht nur klein, sondern auch sehr zierlich, was dann wiederum die Kleidergrößen erklärt.
Besonders eindrucksvoll finden wir aber die Hintergrundmusik im Kaufhaus: Erstens ist es keine Hintergrund-, sondern der Lautstärke nach eher eine Vordergrundmusik.
Zweitens ist es nur eine einzige, etwa 15 Sekunden lange und sich immer wiederholende Melodie, die nach Nikos Vermutung irgendwann mal jemand in Anlehnung an „Glory, glory, halleluja“ auf einer Bontempi-Kinderorgel gespielt und aufgenommen haben muss.
Drittens wird an allen Ständen eine andere Musik zusätzlich gespielt, sehr beliebt sind dabei übrigens die Beatles.
Viertens quasselt eigentlich ununterbrochen eine piepsige Frauenstimme zu der Musik (übrigens nicht vom Band!! Wir haben sie gesehen: sie spricht in eine Art Telefonhörer!). Und fünftens verhält es sich wie mit der Einkaufsmusik in deutschen Lebensmittelmärkten: sie regt eigentlich eher zum fluchtartigen Verlassen des Geschäfts als zum Einkaufen an.
Die RestaurantsIm Zentrum von Osaka ist eigentlich jede zweite Tür der Eingang zu einem Restaurant. Das sieht man daran, dass von der Oberkante der Tür Papier- oder Stoffvierecke bis auf (japanische) Kopfhöhe herunterhängen, die den Blick auf die Essenden verwehren.
Außerdem findet man meistens draußen schon die „Speisekarten“: das sind entweder Karten wie bei uns, allerdings mit Fotos von allen Speisen, oder (viel häufiger) Vitrinen, in denen auf Tellern und in Schüsseln das ganze Essen beispielhaft angerichtet ist. Damit das nicht stündlich ausgewechselt werden muss, weil das Eis geschmolzen ist oder Fliegen um den Fisch kreisen, besteht alles aus Plastik. Sieht aber ziemlich echt aus! Nach einiger Zeit stellen wir fest, dass wohl alle Restaurants beim gleichen Plastikessenhersteller einkaufen, denn die Sushi-Stücke, die vollen Gläser, die Eisarrangements, die Reisberge und die Soßenseen sehen immer gleich aus. Bei einigen Dingen sind wir uns immer noch nicht sicher, was es darstellt. Mondförmige frittierte Teilchen oder grellbunte flache Stückchen tauchen immer wieder auf, aber uns sagen sie leider nichts.Noch was sollten wir einführen: wenn man ein Essen kauft, ist der Preis für ein Getränk schon inbegriffen. Wenn man jedoch nur das Getränk kauft, ist es recht teuer.
Überall, wo man essen kann, gibt es zur Begrüßung ein Glas mit kaltem Wasser und Eiswürfeln, dann ein feuchtes Tuch wie bei uns im Sushi-Laden. Das ist echt ein schöner Brauch – warum führen wir das nicht auch in Deutschland ein?
Wie eigentlich überall sind die Leute ausgesucht freundlich, auch, wenn wir nicht die leiseste Ahnung haben, was sie eigentlich sagen. Sie plappern im Geschäft und im Restaurant auf einen ein, auch, wenn man schon erklärt hat, dass man nur Englisch versteht.
Wir bestellen Pizza, damit Niko mal nicht immer nur Fisch und Meeresfrüchte essen muss und ich nicht immer nur Sandwichs mit Ei. Nikos Pizza ist natürlich trotzdem mit Krabben belegt, aber uns schmeckt es wunderbar. Nur mit dem Besteck haben wir Probleme: man hat uns Gabeln gebracht. Aber keine Messer. Wir überlegen eine Zeit lang, ob es unhöflich ist, unser gerade gekauftes Plastikbesteck herauszuholen, essen dann aber doch mit den Fingern. Wer weiß, was die Bedienung schlimmer findet?
Wie auch anderswo in der Stadt sehen wir auch hier im Restaurant einer Frau beim Schminken zu. Sie holt in aller Ruhe nach dem Essen ihren rosa Spiegel (mit Kätzchen drauf) raus und zieht sich die Lippen nach. Dann tuscht sie sich die Wimpern, verwendet Eyeliner und Puder und zupft an einzelnen Haaren im Gesicht herum. Im Restaurant wohlgemerkt, nicht auf der Toilette des Restaurants. Aber Naseputzen ist verpönt.
Die spinnen, die Japaner.
ABC-Housing
In der Nachbarschaft des Hotels gibt es nicht nur das alte EXPO-Gelände, sondern auch eine größere Anlage mit dem Namen ABC-Housing. Darunter können wir uns nichts vorstellen, deshalb sind wir mal näher rangegangen. Fast sofort steht die Empfangsdame neben uns und lädt uns ein, doch hereinzukommen. Wir fragen, was denn das Ganze überhaupt sei, und bekommen zur Antwort, dass es sich um eine Fertighausanlage handelt, wo verschiedene Hersteller von Fertighäusern ihre Produkte den willigen Hauskäufern vorstellen. Ob wir uns das mal ansehen wollten??
Klar, wollen wir. Wir spazieren also durch eine kleine Siedlung mit teilweise wirklich schönen Häusern, deren Gärten liebevoll gepflegt sind. Überall stoßen wir auf Comicfiguren: Elefanten auf dem Dach, Micky Mouse im Eingang und so eine Tamagotchi-artige Katze scheinen hier die Leute zum Kaufen anzuregen. Ich glaube nicht, dass in Deutschland jemand versuchen würde, ein Haus zu verkaufen, in dem er fünf Plastikkatzen davor stellt und in jedes Fenster weitere...Man geht also in den Raum, in dem man auch die Badewanne, ein Waschbecken und einen Spiegel hat, bleibt mittendrin stehen und duscht sich. Das Klo steht natürlich in einem Extraraum. Mit allem üblichen Hinternduschkomfort, versteht sich.
Wir werden natürlich sofort in ein Haus gebeten, als wir davor stehen bleiben, und ziehen brav unsere Schuhe aus und die Filzschläppchen an, wie es hier üblich ist, um dann etwas peinlich berührt vor den sich vor Freundlichkeit überschlagenden Verkaufsberatern das Haus in Augenschein zu nehmen. Da keiner der Verkäufer wirklich Englisch spricht, dürfen wir dann aber auf eine Beratung verzichten. Nettes Häuschen, wirklich. Aber wir wollen gerade keins kaufen. Spannend finden wir es trotzdem: das Waschbecken in der Küche ist zum Beispiel ungelogen doppelt so groß wie bei uns, und das Badezimmer ist eine einzige Duschkabine.
In der Mitte von ABC-Housing ist ein Haus mit einem Imbiss, und hier freut man sich tierisch, uns zu sehen. Die beiden Mädels an der Kasse schämen sich beide so sehr für ihr Englisch, dass sie bei jedem Wort kichern und dabei fast zu Boden gehen. Wir amüsieren uns alle sehr, weil Niko und ich ihr Englisch genauso schlecht verstehen wie sie unseres, aber am Ende hat Niko ein reisgefülltes Omelett auf dem Teller. Beim Abschied sind wir uns sicher, dass die beiden Bedienungen heute Abend ihren Familien mal was richtig Spannendes zu erzählen haben.
Tankstellen und andere AndersartigkeitenBei einem Spaziergang durch Osaka können wir so langsam verstehen, warum die Japaner in Deutschland immer alles fotografieren: es muss ihnen alles unglaublich spannend und fremd vorkommen, denn uns geht es in Japan ja auch so. Deshalb fotografieren wir also auch immer alles.
Zum Beispiel die Tankstelle, die wir erst gar nicht als solche erkannt haben, weil es keine Zapfsäulen gibt. Getankt wird aus Schläuchen, die von der Decke hängen, und natürlich macht das der Tankwart oder die Tankwartin, während ein weiterer die Fenster putzt oder sich freundlich nach weiteren Wünschen erkundigt.
Dann kommen wir an einem Stand vorbei, der wie eine Schießbude auf dem Jahrmarkt aussieht. Allerdings stehen darin nur zehn junge Japanerinnen in gelben Oberteilen und rufen alle irgendwas.
Wir wissen nicht, was man von uns will, und laufen schnell und freundlich lächelnd weiter, können aber beobachten, wie ein Mann an diesem Stand etwas kauft. Was, wissen wir leider nicht. Vielleicht Lose oder so.Auf jeden Fall war der Stand leicht überbesetzt... Niko traut sich nochmal zurück und macht ein Foto. Die Mädels freuen sich und winken natürlich auch alle, als er sich bedankt.![]()
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Was wir zuerst für ein Friseurgeschäft halten, weil die Leute in einer Reihe an der Wand sitzen und von hinten Männer und Frauen in weißen Kitteln ihre Köpfe bearbeiten, stellt sich als eine Art Massagesalon heraus.
Hier kann man für 1200 Yen oder mehr mal eben zwischendurch wieder frisch werden, indem man sich Kopf und Nacken massieren lässt.
Die Ampeln sehen auch anders aus, die Farben sind nämlich nicht von oben nach unten, sondern von links nach rechts angeordnet.
Was uns auch erstaunt, sind die Spielhallen, Pachinko genannt. An diesen Hallen kommt man nicht vorbei, ohne sie zu bemerken, denn es kommt ein ohrenbetäubender Lärm heraus.
Drinnen sitzen Japaner jeder Altersstufe, bevorzugt aber eigentlich ältere Damen und Herren, und spielen eine Art Flipper. Sie bekommen Stahlkugeln in Murmelgröße, die sie in die ausgesprochen bunten und lauten Geräte rollen lassen, und dann können sie die Kugeln auf irgendeine Art in dem Kasten bewegen, in dem im Hintergrund Comicfiguren rasend schnell hin- und herrennen und es überall flimmert und leuchtet.
Die Mode
Die Kleidungsgewohnheiten sind eigentlich den unseren recht ähnlich, aber wer genauer hinsieht, bemerkt die Unterschiede: man trägt hier mit der gleichen Selbstverständlichkeit einen Sonnenschirm, mit der man bei uns einen Regenschirm trägt, dafür sind Sonnenbrillen offensichtlich nicht besonders modern hier. Schweißbänder an den Armen und kleine rosa Puschel an den Handyantennen sind aber okay, und natürlich kauft man sich hier die Fächer auch nicht nur zum Schmuck, sondern zum Luftzuwedeln. Auch die Männer! Hüte gibt es auch viel mehr als bei uns, und sogar die Hände schützt man mit Netzhandschuhen vor allzu viel Sonne. Sehr auffällig ist die allgemeine Vorliebe für Rüschen. An Röcken und Blusen genauso wie an Schuhen. Und die Schuhe stellen einen der größten Unterschiede dar: die Stöckelchen, mit denen die Mädels hier herumlaufen, findet man bei uns eher bei Bordsteinschwalben... Socken trägt man natürlich so hoch gezogen wie möglich, und ansonsten gilt: hauptsache bunt!Ansonsten hätte ich mal besser auch was Schickeres als mein übliches Gammeloutfit mitnehmen sollen, denn die Japaner tragen oft und gern Anzug. Bei der Arbeit ist der Anzug Pflicht, und wer als Maler oder bei der Müllabfuhr arbeitet, trägt wenigstens auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahn einen Anzug, um ihn dann beim Arbeiten gegen praktischere Kleidung einzutauschen.
Die Handys, mit denen hier jeder herumläuft, sind alle zum Aufklappen, und in der oberen Hälfte ist dann ein großer Bildschirm. So, wie jetzt bei uns gerade die ersten i-mode-Handys aussehen. Telefonieren kann man damit wohl auch, aber das macht kaum jemand. Sie tippen nur ständig darauf ein.
Abends stehen in den kleinen Straßen, die eng und voll und trotzdem keine Fußgängerzonen, sondern ganz normale Durchfahrtstraßen sind, vor den Restaurants überall zu zweit oder zu dritt Frauen in der typischen Geisha-Kleidung: ein bodenlanges Kleid, ein breiter und dicker Stoffgürtel darum, ein Halstuch oder ein Kragen. Dazu natürlich die hochgesteckten Haare und die dunkel geschminkten Augen auf heller Haut.Wahrscheinlich sind sie dazu da, um Gäste in Restaurants zu locken, aber so ganz sicher sind wir uns nicht.
Was vielleicht nicht unbedingt zum Thema "Mode" gehört, aber doch irgendwie eine Art Bekleidung darstellt, ist der Mundschutz. Den trägt der Japaner aus hygienischen Gründen, wenn er eine Erkältung hat.
Sieht schon komisch aus, wenn da einer mitten in der Stadt mit Mundschutz herumläuft, als wäre er Chirurg und hätte ihn nach der Operation vergessen...
Das Stadtbild
Die Häuser sehen teilweise genauso aus wie bei uns, wenn man mal von den Wolkenkratzern absieht, die das Stadtbild bestimmen. Aber einige von den kleinen Wohnhäusern haben Dinge auf dem Dach, deren Sinn uns verschlossen bleibt. Es sieht aus wie umgedrehte Regenrinnen, aber eigentlich ist es ganz hübsch.
Wenn direkt daneben noch ein kleines Wäldchen aus fünf Meter hohem Bambus steht, weiß man, dass man in Japan ist.
In den Straßen der Innenstadt ist alles bunt und comicähnlich. Die Häuser sind bis ganz oben mit knallbunter Werbung behängt oder bemalt, über Restaurants oder Geschäften hängen riesige Meeresfrüchte an der Wand (und zwar nicht einmal pro Straße, sondern sehr oft!), und in einem Kaufhauseingang hängt sogar ein pinkfarbener Walfisch mitsamt Baby in Originalgröße von der Decke.
Mitten zwischen den Hochhäusern ein noch so großes Riesenrad aufzustellen, erscheint wenig sinnvoll, denn man könnte dann ja gerade mal bis zur nächsten Wand sehen. Was tut also der findige und Platz sparende Japaner? Er baut ein Riesenrad oben auf das Dach eines Hochhauses. Ganz einfach.
Aufgrund des Platzmangels baut man (gesehen in Kyoto) durchaus auch mal ein zweistöckiges Haus, das nur so breit ist wie ein Fenster. Für mehr hat es wohl nicht gereicht.
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Egal, in welcher hinterletzten Ecke der Stadt man sich befindet – überall stehen Getränkeautomaten. Man muss eigentlich nie weiter als 500 m gehen, um zum nächsten Getränkeautomaten zu kommen, und witzigerweise gibt es in einigen der Automaten nicht nur gekühlte, sondern auch heiße Getränke.
Noch etwas sehen wir überall in der Stadt: auf den Wegen, auf Treppen, in der U-Bahnstation, im Hotelfoyer und auf Brücken sind Steine mit länglichen oder runden Vorwölbungen in den Boden eingelassen. Es wurde uns nach mehreren Tagen des Rätselratens erklärt, dass es sich dabei um Orientierungshilfen für Blinde handelt. Ganz schön praktisch.
Wir sind ja gerade zur Zeit der Fussball-WM hier, und so hängt auch alles voller Werbeplakate. Nur das Datum macht uns Schwierigkeiten. Wir wissen mittlerweile, dass der Monat vor dem Tag steht und dass oft statt der 2002 die japanische 14 geschrieben wird, aber „6/12.14.22“ können wir wirklich nicht in den Kalender einordnen...
Auf dem Weg vom Hotel in die Stadt fahren wir immer an massenhaft Hochhäusern vorbei, die alle eine scheußliche Gemeinsamkeit haben (wenn nicht diese Betonbunker sowieso schon scheußlich genug sind...): auf dem Balkon haben sie alle an der gleichen Stelle über der Balkontür eine Neonröhre, und die brennt in der Nacht. Man kann sie wohl auch nicht ausschalten, jedenfalls sieht man abends die ganzen Häuser in diesem fürchterlichen Neonlicht erhellt, und wenn man sich vorstellt, dass die armen Bewohner die ganze Nacht durch mit dieser Beleuchtung leben oder die Vorhänge zuziehen müssen, sind sie kaum zu beneiden.
Unter den BrückenDurch Osaka fließen die Arme eines größeren Flusses, des Yodo, und so gibt es eine Menge Brücken. Die Behauptung des Reiseführers, dass es deshalb auch als „Venedig des Ostens“ bezeichnet wird, können wir nicht nachvollziehen, denn diese Ansammlung von Hochhäusern hat mit Venedig wenig gemeinsam. Nach längerer Wanderung durch die Stadt finden wir dann aber auch ein ganz lauschiges Plätzchen: eine grüne Oase zwischen den Wolkenkratzern. Der Fluss gabelt sich, und in der Mitte entsteht dadurch eine Insel. Hier hat jemand einen Rosengarten angelegt, hier gibt es einen Tennisplatz und eine Art Park mit kleinen Wegen am Wasser entlang. Auf den vielen Bänken schlafen Leute, teilweise im Anzug (wohl in der Mittagspause), teilweise unter Zeitungen (wohl nicht in der Mittagspause). Am Fluss entlang stehen Buden aus blauen Bauplanen und Kartons, und nach einiger Zeit stellen wir fest, dass es sich um Häuser handelt. Zumindest sind es wohl die Wohnstätten derjenigen, die wir darin sehen, denn es hängt Wäsche in den Bäumen daneben und es stehen alle möglichen Dinge darum herum, die wohl jemand anders weggeworfen hat.
Unter einer Brücke hat jemand seinen Müll abgestellt. Nur warum ist der Müll mit Kartonplatten in Vierecke eingeteilt?
In einem der Vierecke aus Müll und Kartons sitzt ein Mann auf einem Hocker und liest eine alte Zeitung. Es scheint seine Wohnung zu sein, mit der Brücke als Dach. Wahrscheinlich passt er auf die Nachbarwohnungen auf, während seine Nachbarn in der Stadt unterwegs sind, um noch mehr Müll zu sammeln.
Diese Hütten gegenüber den glänzenden Wolkenkratzern, die Penner neben den Anzugträgern, die mühsam gehorteten Müllansammlungen gleich neben den Jungs im Tennisdress beim Spiel – das sind schon ziemlich krasse Gegensätze.
Aber die Leute, die hier in diesen Häusern aus Müll leben, sind offenbar stolz auf ihr Land: Neben einer von den blauen Hütten, auf deren Dach eine Katze sitzt, hängt eine riesige Japanflagge.
Die Straße für Restaurantbedarf
Dank des Lonely Planet von Stephan finden wir auch die Straße, in der die Restaurantbesitzer all die schönen Plastikspeisen, die Stäbchen und die verschiedensten Schälchen und Becherchen erwerben können. Wir finden einen kleinen Laden, in dem man nur Plastikessen kaufen kann. Hier gibt es auch etwas mehr Auswahl als in den üblichen Vitrinen vor den Restaurants: wir sehen auch ganze große Plastiktintenfische und –kraken und –fische, auf Stäbchen aufgerollte Spaghetti, verschiedene Eisbecher und jede Menge Sushi-Variationen. Die Frau an der Theke hat auch ein Tablett mit Plastikessen vor sich auf der Theke stehen. Gerade will ich mir das mal näher ansehen, als sie mit ihren Stäbchen ein Reispäckchen greift und es sich genüsslich in den Mund schiebt... Ich hatte einfach nicht mehr mit echtem Essen gerechnet...
Wir kaufen natürlich Stäbchen, weil man das ja als allerliebstes Urlaubsmitbringsel aus Japan nicht auslassen darf. Die gibt es natürlich auch in rosa, kariert, mit Kätzchen drauf, mit Sumoringern, mit schlichten Streifen, in hellen und in dunklem Holz und selbstverständlich auch in der 500-Stück-Großpackung für den Imbiss zwischendurch.
Am Eingang der überdachten Straße stehen die Jungs und Mädels einer ganzen Schulklasse, die hier wohl im Rahmen eines Projekts Lampions bemalen und japanische Spezialitäten kochen und verkaufen.Wir stellen die Attraktion des Standes dar, als sich Stephan kleine Teigbällchen kaufen will. Wir werden sogar, obwohl wir nichts Besonderes tun, minutenlang gefilmt! Die Kinder probieren kichernd ihre Englischkenntnisse aus und freuen sich tierisch, wenn wir auf Englisch antworten. Ihr „english teacher“, eine Frau, bleibt allerdings vornehm im Hintergrund, obwohl das sicherlich mal ein sehr interessantes Gespräch gewesen wäre. Die Kinder leiten sich ihre Fragen offensichtlich aus Liedern ab, die sie kennen, denn sie singen sich immer gegenseitig was vor, bevor sie sich mit einer Frage an uns wenden. Erst wird immer in der Gruppe geklärt, was man fragen soll, dann richtet sich der oder die Mutigste an uns, und wenn wir dann sogar antworten, ist die Freude groß.
Das Essen, das die Klasse zubereitet, enthält Ei und Käse und diverse Dinge mit Armen, so dass ich es lieber nicht probieren möchte. Eine Variante wird zwischen zwei Platten zubereitet, die man wie ein Waffeleisen zusammenklappen kann. Es sieht aus wie leicht verbranntes Rührei, schmeckt laut Niko auch nicht besonders gut. Die andere Variante wird in Formen mit kleinen Vertiefungen zubereitet, wobei Bällchen entstehen, die aber im Prinzip wohl die gleichen Zutaten enthalten. Vor allem eben die Arme mit Saugnäpfen...
Taxifahren die ZweiteAb halb zwölf fährt keine einzige U-Bahn mehr, die Eingänge zu den Bahnbereichen werden mit Gittern versperrt. Das erklärt uns auch endlich die Anwesenheit von so vielen Taxen, von denen wir uns vorher noch fragten, wie die sich bloß alle finanzieren können. Jetzt wissen wir es, da wir umgerechnet über 60 Euro (!!!) für eine Fahrt mit dem Taxi von der Stadt nach Hause bezahlt haben. Dabei bleibt das Taxameter erstmal für eine ganze Zeit unschuldig bei 660 Yen stehen, also bei etwas über 6 Euro, um dann in großen Schritten immer mehr anzuzeigen. Mittlerweile können wir schon relativ gut verständlich machen, wo wir hinwollen, schließlich wohnen wir ja neben dem EXPO-Park. Den kennt auch der Taxifahrer.
Und bezahlen können wir zum Glück mit Visakarte, ganz selbstverständlich. Sonst hätten wir auch schon längst kein Bargeld mehr, denn auch so ist unser Budget für die zehn Tage schon nach der Hälfte der Zeit fast verbraucht.
Ach ja: die Türen der Taxen öffnen sich von allein, wenn der Taxifahrer seinen potenziellen Kunden kommen sieht. Auch nicht schlecht.
Postkarten?
Osaka ist keine Touristenstadt. Die hohen Preise sind auch kein Touristennepp, sondern völlig normal für Japan. Gerade für Getränke zahlt man horrende Preise, und wenn man für sein kleines Bier in der Hotelbar nur 6 Euro bezahlt, kann man wohl von Glück sagen.
In der Innenstadt finden wir also keine Touristenattraktionen (man muss ja sagen, dass wir als Touristen die Attraktion sind), und es scheint in ganz Osaka keine Postkarten zu geben. Daher müssen alle, denen wir welche versprochen haben, noch etwas darauf warten. Wir hoffen, bei einem Besuch in Kyoto welche zu finden, da diese Stadt touristisch gesehen wohl etwas interessanter ist. Notfalls müssen wir selbst welche malen.
Ein RestaurantbesuchWir wagen uns mitten in einer kleinen, rummeligen Straße in ein vom Lonely Planet empfohlenes Restaurant. Jedenfalls nehmen wir mal an, das es das Restaurant ist, das wir suchen, denn es hat die erwähnte Holztür. Der Name steht leider im Lonely Planet nur in unseren Schriftzeichen, am Restaurant aber nur in japanischer Schrift... Also probieren wir es mal so. Die Karte ist praktischerweise bebildert, so dass wir nur drauf zeigen müssen, und „Bier“ und „Cola“ ist wohl international. Das ist auch gut so, denn wie so oft in diesem Land ist die Getränkekarte, die mit dem englischen „Drinks“ überschrieben ist, ansonsten nur in japanisch gehalten. In unserem Hotel gibt es sogar für eins der Restaurants eine Karte, auf der außen „Essen“ steht, und das gleiche gibt es noch mal mit „Food“, aber wenn man das in Erwartung einer deutschen oder englischen Speisekarte aufklappt, findet man auch nur japanische Zeichen.
Die Worte für „Ich bin Vegetarier, haben sie vegetarische Gerichte?“, die da lauten „watashi-wa saishoku-sugisha desu, saishoku-sugisha no tame no ryori-wa arimasu ka?“, hatte Stephan aus dem Lonely Planet herausgesucht, und ich habe sie mir abgeschrieben.Spontan fällt uns dazu noch das fluchtartige Verlassen des Lokals ein, aber dann stellen wir fest, dass es sich nur um sehr, sehr hauchdünne Scheibchen von irgendeinem getrocknetem Gemüse handelt, die im heißen Dampf des Essens hin- und herwackeln. Zum Glück also keine kleine Tierchen, und unter dem Gemüse sind auch nur ganz harmlose Dinge wie Nudeln, Fleisch und Ingwer. Es schmeckt auch sehr gut, aber Nudeln mit Stäbchen zu essen ist schwierig, und so ziehen wir mal wieder die Aufmerksamkeit auf uns. Einige Japaner zeigen auf uns, winken uns zu, fotografieren uns sogar, und als sie gehen, verabschieden sie sich auf Englisch von uns.
Allerdings natürlich in lateinischen Schriftzeichen. Das führt dazu, dass ich sie dem Mann im Restaurant zeige, er aber nur den Kopf schüttelt. Also liest Stephan es vor, aber auch das führt nicht zum Erfolg. Wir versuchen es dann mit Englisch, und nach zu Rate ziehen der halben Restaurant-Belegschaft haben wir es dann geschafft. Stephan und Niko bestellen nach Foto, und schon kommen die Getränke und die feuchten Tücher. Die Rechnung wird dezent unter dem Tisch versteckt.
Als erstes kommen Tomatenscheiben mit Majonaise. Ein Rätsel, wie man die glibschigen Dinger mit Stäbchen essen soll! Aber wir schaffen es irgendwie. Dann bekommt Niko einen Teller mit kleinen Dingen darauf, die zucken und sich winden.
Offensichtlich haben die Japaner eine recht lockere Art, mit dem Fremden umzugehen. Man stelle sich vor, dass wir in Deutschland einen Schwarzafrikaner fotografieren...
Zum Nachtisch gibt es für jeden eine Kugel Eis, da in der Speisekarte drei verschiedene Kugeln Eis abgebildet waren. Wir probieren rundum und haben zum Glück nicht Fisch-, Soja- und Reisgeschmack erwischt, sondern ganz normales Vanille-, Kiwi- und Mangoeis.
Noch ein netter Brauch
Beim Bankett der Konferenz, das in unserem Hotel stattfindet, lernen wir einen der wichtigsten japanischen Bräuche kennen, über dessen Einführung man in Europa dringend nachdenken sollte. Man schenkt sich niemals selbst etwas zu Trinken ein, belehrt uns ein Deutscher, der seit elf Jahren in Japan lebt, als wir uns bei den Asahi-Bierflaschen auf dem Tisch bedienen. Wenn man Durst oder einfach nur ein leeres Glas hat, sucht man sich jemanden aus, der selbst auch nicht mehr soviel im Glas hat, so dass man ihm nachschenken kann. Daraufhin muss derjenige aus Höflichkeit auch dem anderen etwas einschenken. Der Mann erklärte uns auch, dass dieser Brauch oft dazu führt, dass man in fast noch volle Gläser einschenken muss, nur, um selbst etwas zu bekommen. Andererseits kann es aber auch schnell betrunken machen, weil man ja überhaupt nicht mehr kontrollieren kann, wieviel man trinkt. Das haben wir dann auch festgestellt.
Essen kaufenFast überall gibt es Läden, die durchgehend geöffnet haben. Diese sind meistens nur so 30 Quadratmeter groß, haben aber eine ziemlich große Auswahl, insgesamt doch etwas mehr als bei uns die Tankstellen. Es gibt neben den Dingen des täglichen Gebrauchs (Sonnenschirme, Mückenmittelchen, getrockneter Fisch, Sushi-to-go) natürlich auch Überaschungseier (die aber auch anders aussehen als bei uns), alle Sorten von Getränken (man muss dabei aufpassen, dass man nicht Reiswasser oder kalten grünen Tee ohne jegliche Süße erwischt, weil bis auf Lipton und Cola wenig in lateinischer Schrift erklärt wird), Käse in Würstchenform und kleine, getrocknete Kraken. Was man halt so braucht.
In den größeren Lebensmittelgeschäften gibt es dann auch frisches Gemüse, Obst und Fisch. Gemüse und Obst ist immer verpackt, meistens einzeln. Oder auch mal zwei Kiwis in einem Paket, dafür aber nur ein Viertel vom Kopfsalat.
Der Fisch dagegen muss nicht unbedingt verpackt sein. Krakenarme liegen zum Beispiel in der Kühltheke in offenen braunen Papiertüten, die man sich dann so mitnehmen kann. Da läuft wahrscheinlich dann die Krakensauce in die restlichen Einkäufe, aber darum sind die dann ja auch alle nochmal eingepackt...
Wein kann man übrigens auch kaufen, aber erst ab 9 Euro aufwärts pro Flasche. Die meisten Weine liegen bei 18 Euro, aber es gibt natürlich auch die für 50 Euro...
Ähnlich sieht es mit Käse aus: es gibt ihn zwar theoretisch zu kaufen, aber man kann es sich eigentlich nicht leisten.
Butter gibt es auch nicht, nur Margarine. Ich habe allerdings auch bisher noch keine Kühe in Japan gesehen. Vielleicht, wenn wir nach Kyoto fahren und dabei aus dem 9-Millionen- Einwohner-Moloch Osaka herauskommen...
Die Margarine gibt es dafür aber nicht nur mit Knoblauch und/oder Kräutern, sondern auch mit Honig oder Marmelade vermischt, so dass man beim Bestreichen seiner Toasts nicht so viel Arbeit hat...Schokolade kann man hier auch kaufen, Milka kostet auch nur ungefähr das Dreifache von unseren Preisen.
Zu jedem Einkauf bekommt man Stäbchen dazu, und meistens ist auch noch ein Zahnstocher mit im Paket.
Nicht so ganz zur Kategorie "Essen" gehören andere Dinge, die man kaufen kann: getrocknete ganze Schildkröten und Schlangen gibt es an einem Stand, an dem man auch diverse Pillen erwerben kann. Hier scheint also der Gebrauch natürlicher Potenzmittel noch aktuell zu sein...
Japanisches Fernsehen die ZweiteNachdem ich meine drei Bücher zu Ende gelesen habe, muss ich wohl oder übel etwas fernsehen... ;-) Wir haben fünf Programme, davon ist eins nicht belegt. Ein weiteres zeigt einen blauen Bildschirm mit japanischen Schriftzeichen zu einer Musik, die von der Tonqualität an Gameboys erinnert, aber längst nicht so peppig ist.
Auf den drei anderen Programmen läuft wie bei uns am frühen Nachmittag nur Stuss. Da gibt es zum Beispiel ein Analogon zur Vorher-Nachher-Show. Ein Mann, der wie eine japanische Version von Stefan Raabs Elton aussieht, und eine Frau mit MTV-Gehabe, zwei völlig unjapanischen Zöpfen und einem Kopftüchlein, die durch ihren großen Mund etwas Ähnlichkeit mit Alannis Morisette hat, schnappen sich ein ahnungsloses Mädel auf der Straße und bieten ihr die Verschönerung an. Beim kurzen Interview wird sie immer wieder von oben bis unten mit der Kamera abgefahren, damit man auch bloß sieht, wie schrecklich hässlich das arme Kind vorher ist: sie trägt Jeans und ein Kapuzensweatshirt, und ihre Haare sind – unglaublich, aber wahr – alle gleich lang und gehen bis zur Schulter. Das Gespräch muss unheimlich witzig sein, denn mindestens einer der Drei liegt dabei giggelnd und prustend fast am Boden. (Wenn mir jemand jetzt sagen würde, ich solle eine typisch japanische Geste nachmachen, würde ich die Hände beide vor den Mund halten und kichern, während ich in die Knie gehe und den Kopf einziehe.)
Wir sehen, wie das Mädel frisiert wird. Meine schlimmsten Befüchtungen werden wahr: zuerst werden die Deckhaare in unterschiedliche Längen gekürzt, dann wird alles auf Lockenwickler gedreht und anschließend wird wild herumtoupiert. Das Ergebnis: stripselige Haare. Mit einem bunten Klemmchen drin.
Das Opfer erscheint auch gar nicht so glücklich... Dann amüsiert man sich königlich darüber, dass sie sich wohl selbst die Augenbrauen zupft, denn sie sind ungleichmäßig geraten. Zur Illustration wird sogar noch mal das Gesicht in Großaufnahme gezeigt, und es werden grüne Balken an den Augenbrauen eingeblendet: der eine gerundet, der eine mit Ecke.
Die Brauen werden also fast ganz abgeschnitten und zurechtgezupft, das Gesicht mit Unmengen heller Schminke überdeckt und die Augen in Pink bemalt.
Zwischendurch immer wieder die Vorher-Nachher-Bilder.
Dann muss sie einkaufen, und netterweise werden die Preise der ausgewählten Kleidungsstücke immer mit eingeblendet. Am Ende hat sie sich für umgerechnet 250 Euro ein kurzes und dünnes Stoffkleidchen und ein Paar Schühchen gekauft, und dann muss sie noch für den gleichen Betrag Strasskettchen und Ohrringe kaufen.
Als sie dann ihren Freunden präsentiert wird, geht wieder das alberne Gekicher los, und dann darf sie noch zu einem Starfotografen, damit sie endlich mal ein vernünftiges Bild von sich hat. Ich finde, sie sah vorher besser aus, und ihrem Gesichtsausdruck nach findet sie das auch.
Abends sehen wir eine Show, die bei Japanern Kult sein muss. Da sind zwei Frauen und zwei Männer, die neben einem Kasten stehen, der so eine Art Kasperletheater ist. Jedenfalls ist in der Mitte ein Guckloch mit Vorhang.
So, jetzt kommt der Inhalt und damit das Erfolgsrezept der Show: ein Japaner geht in den Kasten, hat drei oder vier Sekunden Zeit, und dann zieht ein anderer Japaner unter einem immer gleichen japanischen Äquivalent zu „tata-ta-taaaah!“ den Vorhang auf. Dahinter: der Japaner, der eine Grimasse zieht. Oder auch nur ganz normal guckt. Oder bellt wie ein Hund. Oder sein T-shirt ausgezogen hat und seine Achselhaare zeigt.
So oder so: die Leute liegen vor Lachen auf dem Boden. Und kaum hat man sich wieder eingekriegt, muss der nächste der Vier in den Kasten. Wir sehen uns das ein paar Minuten lang an, aber nachdem die dritte Runde beginnt, reicht es uns dann doch...
Postkarten!Jetzt haben wir doch tatsächlich Postkarten gefunden, gut versteckt natürlich. In den meisten Läden gab es keine Postkarten (nur welche mit Comicfiguren, Starfotos und japanischen Witzchen), in einem gab es insgesamt vier (!) Ansichtskarten mit zwei verschiedenen hässlichen Motiven. In der Nähe des Touristen-Anziehungspunktes, des Aquariums, finden wir einen Laden mit Postkarten. Bis wir auch Briefmarken haben, gehen noch zwei Tage ins Land, denn am Wochenende kriegt man bei der Post keine Marken.
Jetzt sind die Karten aber endlich auf dem Weg. Wir wollen sie gerade in den Briefkasten werfen (natürlich auf der rechten Seite, denn die Linke ist nur für Sendungen im Inland), als ein freundlicher Postbote sie uns direkt abnimmt. Mal sehen, wann sie ankommen.
Leuchtquallen und anderes Meeresgetier
Bei einem Streifzug durch Osakas Restaurantviertel kommen wir an einem Haus mit einem dunklen Schaufenster vorbei. Im Inneren sehen wir zwei Aquarien mit fluoreszierenden Quallen.
Wir können nicht ergründen, ob diese Tiere im Restaurant auf der Speisekarte stehen oder nur die Beleuchtung darstellen, aber wir finden sie sehr spannend. Zwei Tage später treffen wir die Leuchtquallen wieder – und mit ihnen noch viele beeindruckendere Bewohner des Meeres: im Aquarium von Osaka. Es wurde 1990 gebaut und scheint eines der größten und mordernsten Aquarien der Welt zu sein. Die Becken sind aus 30 cm dickem Plexiglas, und die meisten davon sind so aufgebaut, dass man sowohl die Landschaft unter Wasser als auch die darüber sehen kann.
Es gibt also nicht nur Fische und Quallen zu sehen, sondern auch Pinguine, Tukane, Robben, Schildkröten, Delphine, Faultiere und fiese Riesenkrabben. Die gehen mir wahrscheinlich bis zum Knie, wenn sie neben mir stehen. Ein guter Grund, im japanischen Meer nicht so tief zu tauchen.
Besonders faszinierend ist das große Becken in der Mitte der Anlage: es ist neun Meter tief und an der längsten Stelle 34 Meter lang. Man geht in großen Schleifen mehrmals um das Becken herum und kommt dabei immer tiefer. Auf den gegenüberliegenden Seiten sieht man die anderen Besucher, die sich am Plexiglas die Nasen platt drücken, und imBecken sieht man einen riesigen Fischschwarm, große Fische in schrillen Farben, einen ganz schön großen Walhai, einen Riesenrochen und Taucher, die neue Kabel und Rohre verlegen oder mit Schubkarren Sand hin- und herfahren, um die Kabel zu verdecken.
Der Riesenrochen ist sogar so nett, sich einmal mit mir fotografieren zu lassen. Dazu schwimmt er direkt an der Scheibe vorbei, an der ich sitze.
Auch witzig: der Sonnenfisch. Er ist bestimmt 60 cm lang, aber er sieht aus, als hätte er keine Schwanzflosse. Der Körper geht einfach in seiner kompletten Höhe in eine schmale Schwanzflosse über. Das Tier ist eine der Attraktionen des Aquariums, und im Shop kann man dann auch diverse Nachbildungen davon kaufen. Nur blöd, dass das keiner erkennen würde, denn es sieht eigentlich nicht wie ein Fisch aus.![]()
Wir halten uns auch recht lange bei den Fischottern auf, die auf dem Rücken schwimmen und sich putzen. Zwischendurch drehen sie ein paar Rollen vorwärts, rückwärts oder seitwärts, tauchen einmal zum Grund, kommen wieder hoch und putzen sich weiter. Sehr reinliche Tierchen.
Die Fähre, die uns zu der kleinen Insel bringt, auf der das Aquarium steht, ist übrigens kostenlos, was uns völlig verwirrt. Sowas haben wir in Japan bisher nicht erlebt...
Hier treffen wir jede Menge Amerikaner, die uns natürlich auch sofort grüßen (Nicht-Japaner in Japan sind so selten, dass man sich immer grüßt und oft auch kurz unterhält) und uns erzählen, dass sie in den Universal-Studios Japan arbeiten, an denen wir auch vorbei gekommen sind. Zwei von ihnen machen die Blues-Brothers-Show, und sie stöhnen über die Hitze, bei der sie in Anzug und Hut und Sonnenbrillen auf der Open-Air-Bühne spielen müssen.
Sie erzählen uns auch, dass man an der Farbe der Riesenradbeleuchtung das Wetter für den nächsten Tag vorhersagen kann – natürlich steht auch hier ein Riesenrad (es steht eigentlich überall eins). Aber eigentlich, so sagt eine der Amerikanerinnen, ist ja sowieso das Wetter immer gleich gut.
Japaner und EnglischNein, sie können es wirklicht nicht. Weder sprechen noch schreiben... Letzteres merken wir nicht nur an zahllosen mit falschem Englisch bedruckten T-shirts, sondern auch, als wir in einem Geschäft beim Aquarium nach der nächsten Postfiliale fragen. Hier hat die tüchtige Verkäuferin für die Leute aus dem Ausland, die das lästigerweise immer wissen wollen, eine Zeichnung angefertigt. Darauf steht das Riesenrad als "GRAETE WEELE", und natürlich hat sie die Buchstaben von oben nach unten geschrieben und man muss die rechte Spalte zuerst lesen.
Zur Post ist es dann auch gar nicht so weit: "it TAKE ABOUT 3 minittes".
Tempel und Schreine
Unvermeidlich: wenn man Städte in Europa besucht, muss man sich Kirchen ansehen, und wenn man in Japan ist, muss man sich Tempel und Schreine ansehen. Und weil wir ja gute Touristen sind, tun wir das auch. Wir fahren dazu extra nach Kyoto, denn da hat´s angeblich schöne Tempel. Ein Blick auf die Stadtkarte verrät: es hat auch extrem VIELE Tempel. Interessanterweise sind diese und die Schreine auf dem Plan immer durch ein Sonnenkreuz, hierzulande auch als Hakenkreuz bekannt, gekennzeichnet. Einen negativen Beigeschmack wie in Deutschland hat man in Japan dabei offensichtlich nicht.
Wir nehmen uns als erstes den Toji-Tempel vor, der laut Karte gleich in der Nähe des Bahnhofs liegt. Also latschen wir los, und man wundert sich doch, wie sehr so eine Karte täuschen kann... Die Straßen sehen nach Vorstadt aus und sind längst nicht so grellbunt behängt wie in Osaka, aber mit einem Tempel rechnen wir hier eher nicht. Doch plötzlich taucht er hinter den anderen Häusern auf, neben einer großen Brücke.
Mitten im dicht bebauten Stadtgebiet hat jemand sehr viel Platz für einen geräumigen Garten und ein pagodenartiges Haus und mehrere Nebenhäuser gelassen.
Wir schlendern durch den Garten und genießen die Sonne, und an einem Teich können wir sogar mal die Füße kühlen (und damit das natürliche Gleichgewicht des Teiches sicherlich empfindlich stören...) – wenn da nicht diese Riesenfische wären, die mit ihren großen und weit aufgerissenen Mäulern nach Füßen schnappen...
In den größeren Nebenhäusern finden wir Schilder mit Fotografierverbot, die wir aber ignorieren, um wenigstens Bilder ohne Blitz von diesen wirklich beeindruckenden Statuen der verschiedenen Propheten, Mönche und Generäle zu machen.
Danach geht es in einen der weiteren Tempel. Dieser liegt direkt am Berg, und wir müssen ganz schön klettern bei der Hitze. Aber es lohnt sich: der Tempel ist zwar nur mit Führung zugänglich, aber wir waren eigentlich auch nur wegen des Gartens da. Der liegt am Hang und wartet neben der schönen japanischen Gartenarchitektur auch noch mit einer Besonderheit auf: die Mönche harken größere Sandfelder sehr akkurat zu geometrischen Mustern, und an einer Stelle haben sie einen Kegel aus Sand aufgeschichtet, der kaum exakter geformt sein könnte. Blöd ist nur, dass die ganze Arbeit bei einem kräftigen Regenguss dahin ist. Aber mit irgendwas müssen sich die Mönche wohl beschäftigen...
Eher zufällig stolpern wir über einen größeren Platz mit Tempeln und Schreinen in der Innenstadt. Hier findet gerade eine seltsame und ohrenbetäubende musikalische Darbietung statt, die entfernt an einen Spielmannszug in Deutschland erinnert, aber wesentlich schriller klingt... Zum Glück ist es fast vorbei, als wir ankommen.
Im Anschluss daran findet sowas wie ein Gottesdienst im großen Tempel statt, und da alle Tore weit geöffnet sind (eigentlich besteht fast die ganze Außenwand aus Toren mit einigen Pfeilern dazwischen, und abends werden sie mit schrecklichem Quietschen geschlossen), können wir zusehen. Dazu müssen wir die Schuhe ausziehen und barfuß in den Tempel gehen. Er ist mit Tatamis ausgelegt, auf denen man recht bequem sitzen oder knieen kann, und schon an der Schwelle strömt einem der durchdringnde Geruch von Räucherstäbchen entgegen.
Kein Wunder – es stehen überall mit Sand gefüllte Gefäße, in denen Räucherstäbchen stecken und qualmen. Ein Mönch sitzt auf einem Kissen vor unzähligen Statuen und vielem goldenen Krimskrams im Halbdunkel und singt. Einige der Leute um uns herum singen oder sprechen mit. Zwischendurch schlägt er auf einen Gong mit hohem Klang, dann wieder auf einen mit einem tieferen Klang.
Nach kurzer Zeit ist man tatsächlich fast etwas hypnotisiert von den Gerüchen und Klängen. Die Menschen um uns herum stehen zwischendurch auf und zünden weitere Räucherstäbchen an, deren Rauch sie dann zu sich hin und durch den ganzen Raum wedeln, und als der Mönch auf einmal aufhört zu singen, mag man gar nicht wieder aufstehen, weil man so herrlich eingelullt wurde.
Draußen finden wir an allen Büschen und Bäumen, vor allem aber an extra dafür aufgespannten Seilen, kleine verknotete Zettelchen. An einem großen Stand kann man sie sich kaufen und sie dann um Seile oder Zweige knoten. Vermutlich stehen gute Wünsche oder Gebete darauf, aber natürlich nur in japanischen Schriftzeichen.
Sauna
Im Hotel gibt es ein Schwimmbad und eine Sauna, und am letzten Abend wollen wir das mal nutzen. Vom vielen Laufen sind wir müde und können etwas Entspannung brauchen. Sicherheitshalber nehmen wir unsere Badesachen mit, denn schließlich wissen wir ja nicht, ob die Japaner tatsächlich nackt in der Sauna sitzen.
An der Anmeldung bekommen wir gegen ein kleines Zettelchen, das uns als Hotelgäste ausweist, jeder zwei Handtücher und einen Spindschlüssel. Zur Sauna führt ein Gang, den wir aber nur barfuß betreten dürfen, weshalb gleich im Eingangsbereich Schließfächer für Schuhe sind. Am Ende des Ganges trennen sich unsere Wege, denn der Locker Room für Ladies ist natürlich getrennt von dem für Gentlemen. Hier laufen ziemlich viele Frauen in unterschiedlichen Bekleidungszuständen herum, und ich schließe, dass man tatsächlich nackt in die Sauna geht. Das hätte ich den Japanern gar nicht zugetraut...
Beim Betreten des Saunabereiches wird mir dann schlagartig klar, dass ich Trottel fälschlicherweise davon ausgegangen bin, dass es sich um eine gemischte Sauna handelt. Natürlich ist dem nicht so, was auch die Nacktheit der Frauen erklärt. Jetzt hoffe ich nur, dass Niko genau wie ich einen Saunagang macht und danach wieder raus geht, denn er hat unseren Zimmerschlüssel...
Im Saunabereich ist es heiß und stickig, und beim Betreten der Sauna merkt man nicht sofort den Unterschied... Hier liegen auf flachen, aber breiten Stufen bereits Handtücher und Badvorleger, auf die man sich setzen kann. Die Frauen tragen alle ein Handtuch oder eine Duschhaube auf dem Kopf, so dass ich sicherheitshalber auch mal ein Tuch um meine Haare wickele. Richtig eindrucksvoll ist eine kleine Frau, die eine glänzend goldene Duschhaube trägt und sich zusätzlich noch ein rosa Handtuch vor das Gesicht gehängt hat. Schöne Farbkombi! Sie hält es aber auch ziemlich lange aus.
Die meisten Frauen haben Flaschen mit Wasser dabei, was ich ausgesprochen praktisch finde. Und an der Wand hängt eine Uhr mit zwei Zeigern: ein Sekundenzeiger und einer, der irgendwie kein Minutenzeiger sein kann, denn sonst hätte ich 55 Minuten in der Sauna gesessen. Er scheint also etwas schneller zu laufen als bei einer normalen Uhr. Verwirrend...
Nach der Sauna suche ich die Dusche, finde sie aber nicht. Aber an zwei langen Wänden sind Schminktische mit Hockern, Spiegeln und Trennwänden zu beiden Schminktischen daneben, und bei genauerem Hinsehen merke ich, dass in diesen halben Kabinen Duschschläuche hängen. Man kann hier also gemütlich auf dem Plastikhocker sitzen und sich im Spiegel betrachten, während man sich duscht. Gar nicht so blöd eigentlich, aber ich traue der Hygiene dieser Hocker nicht so ganz...
Das Kaltwasserbecken ist schön groß, aber nur sehr flach, und gar nicht sooo kalt, so dass eigentlich immer drei oder vier Damen darin sitzen und quatschen. Es ist ausgesprochen gemütlich, aber ich fühle mich doch etwas allein, weshalb ich dann auch recht schnell wieder zu den Spinden zurück gehe und mich anziehe.
Draußen stehen zwei gemütliche Sessel, und ich warte dort auf Niko, als ein Japaner aus dem Männersaunabereich kommt und mich fragt, ob der Große da drin mein Boyfriend sei. Der wäre ja wirklich nice-looking, und außerdem sähe er wie ein amerikanischer Schauspieler. Leider kann er mir nicht sagen, welchen Schauspieler er meint, denn den Namen hat er vergessen. Im Gegenzug erzählt mir sein Freund, der kurz danach kommt, dass er auch schon mal in Deutschland war, nämlich in Ber-linn und Fränkfucht. Und dann ist Niko auch schon da und erklärt mir, dass die Männersauna ganz ähnlich war wie die Frauensauna – und er war während seines Saunaganges das Hauptgesprächsthema, weil sich alle darüber unterhalten haben, welchem Schauspieler er denn nun ähnlich sieht.
Die RückreiseWer hat an der Uhr gedreht? (Wir natürlich, immerhin haben wir in Japan sieben Stunden Vorsprung zu Deutschland...)
Die Zeit ist dann doch wieder recht schnell vergangen, und so stehen wir am Dienstagmorgen um halb sieben auf. In Deutschland ist es Montagabend, halb zwölf. Nach dem erstaunlich unkomplizierten Auschecken (wir hatten das Schlimmste befürchtet, weil wir zwei Rechnungen brauchten, zwischendurch das Frühstück abbestellt und außerdem zu zweit im Einzelzimmer geschlafen haben) müssen wir uns mit unseren wirklich allerletzten Münzen auf die andere Seite der Stadt durchschlagen.
Blöd, dass wir dabei natürlich mitten in den Berufsverkehr platzen. Und dann ist es fast wirklich so wie in der Fernsehwerbung für den Autoverleih: die Bahnen platzen aus allen Nähten, und wir würden uns nicht wundern, wenn noch jemand käme, um die Leute von der Tür aus noch ein bisschen zusammen zu schieben, damit mehr hinein passen. Es kommt aber keiner.
Dafür müssen wir unser Gepäck ziemlich hoch stapeln, um nur so wenig Platz wie möglich zu beanspruchen.
Nach zwei Stunden Fahrt und einer saftigen Nachzahlung, weil wir versehentlich in einen Expresszug gestiegen sind, kommen wir endlich am Kansai-Flughafen an, der etwas außerhalb der Stadt auf einer extra dafür errichteten Insel liegt. Nach dem Einchecken und zwölf Flugstunden landen wir in Wien, um dann noch einmal nach Hannover zu starten. Abends um halb neun sind wir wieder in Deutschland, ziemlich geschafft, aber sehr zufrieden.